Das Thema Kundenansprache muss noch weiter forciert werden

Mehr als 300 Sparkassen und 500 Händler der Auto- und Freizeitfahrzeugbranche nutzen die Leistungen von S-Kreditpartner, dem Spezialisten für Auto- und Konsumentenkredite in der Sparkassen-Finanzgruppe. Im Interview mit Thorsten Helbig, Partner bei zeb, spricht Geschäftsführer Jan Welsch über neue Wege zum Kunden, Corona-Bremsspuren und Do-it-yourself-Kredite.
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Sie haben neun Jahre nach dem Start 80 Prozent der Sparkassen als Partner. Wie haben Sie diesen Vertriebserfolg geschafft?

Jan Welsch: Wir sind ein Spezialist für das Ratenkreditgeschäft, von der Marktseite bis zur Risikoprävention. Wir entwickeln uns ständig weiter – angefangen von der besten Technik für die Antragsstrecke über die Methoden bis hin zu neuen Zugangswegen und smarten Lösungen. 

Und wir haben die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein breites Spektrum von Leuten aus Spezialbanken, aus Sparkassen, aus Verbundunternehmen. Sie bringen geballtes Wissen zusammen, das wir auf die Bedürfnisse der Sparkasse und deren Kunden transferieren. Denn im Vertrieb kommt es vor allen Dingen darauf an, dass wir – also konkret die Sparkasse – in der Wahrnehmung des Kunden für das Thema Ratenkredit gesetzt sind. Dazu gehören auch die Marketingmaßnahmen, die wir entwickelt und initiiert haben. Das fängt beim Dialogmarketing an, bei haptischer Briefpost, geht über E-Mail-Kommunikation bis hin zu großen Kampagnen inklusive TV-Präsenz.

Uns ist es gelungen, eine starke Vertrauensbasis zu unseren Partnersparkassen aufzubauen, 50 Prozent sind Vollkooperationen. Unsere Wahrnehmung hat sich gewandelt: vom Produktlieferanten, an den man das Geschäft quasi als Dienstleistung ausplatzieren kann, hin zum strategischen Partner der Sparkasse im Retailgeschäft. 

Und die Sparkassen-Finanzgruppe bietet unheimlich viel Potenzial durch ihren hervorragenden Kundenzugang, den großen Marktanteil bei den Girokonten.

Wie kann man die Mitarbeitenden der Sparkassen dabei unterstützen, noch besser in den Kundendialog zu treten?

Jan Welsch: Ich gebe Ihnen ein aktuelles Beispiel: Wir haben neben dem Ausweis-Online-Geschäft auch den fallabschließenden Telefonkredit eingeführt. Gerade jetzt in Corona-Zeiten, in denen persönliche Kontakte heruntergefahren sind, beobachten wir einen sehr starken Anstieg in der telefonischen Kundenberatung. Uns erreichte eine Flut von Anfragen aus Sparkassen, wir begleiten sehr viele Trainings zum Telefonkredit – per GoToMeeting.

Aber unsere Expertinnen und Experten sind natürlich auch vor Ort und beraten und diskutieren mit den Spezialisten der Sparkassen, wie man Best Practices bei ihnen umsetzen kann. Der Fokus liegt darauf, gute Prozesse, gute Maschinen zu haben – das ist die Pflicht. Eine exzellente Kundenansprache, die für viel Traffic sorgt, ist die Kür und macht das Geschäft.

Sie haben das Thema Vertriebsexzellenz gemeinsam mit zeb systematisch mit Pilotinstituten aufgesetzt. Warum?

Jan Welsch: Wir hatten einen Blumenstrauß an Aktivitäten und Maßnahmen, die wir den Sparkassen angeboten haben. Aber es fehlte auch bei uns der systemische Ansatz. Also, wie gehen wir konsequent, in welcher Schrittfolge, mit welchen Treibern voran? So, dass wir eine Sparkasse noch systematischer erfolgreich werden lassen können, wenn sie das konsequent umsetzt, was wir anbieten. 

Aber es gibt bei Sparkassen große Unterschiede, auch in der Produktivität.

Jan Welsch: Wir haben Sparkassen angesprochen, die noch am Anfang stehen, und die haben gesagt, okay bevor wir alles selbst finden müssen, arbeiten wir jetzt mit skp zusammen und führen deren Instrumente ein. Und wir haben Sparkassen mit starker Vertriebskultur, die schauen wollen, ob sie noch mehr machen könnten. Unser Gedanke war es, das zu verbinden – also uns weiter zu professionalisieren, mit Unterstützung von zeb, und ein 360-Grad-Konzept zu entwerfen, das wir den Sparkassen als Baukasten anbieten. Damit können wir jede Sparkasse mit ihren Möglichkeiten und Prioritäten erreichen. Und bereits vor der Umsetzung der gewählten Maßnahme aus dem Baukasten ist das Ergebnis bekannt. Das gab es in der Vergangenheit bisher nicht in dieser konsequenten Form.

Welche Steigerungsraten können Sparkassen im Neugeschäft erzielen?

Jan Welsch: Unsere Ambitionen liegen in der Größenordnung 50 bis 100 Prozent. Das haben die ersten, die schnell in der Umsetzung waren, auch geschafft – vor COVID-19. Natürlich nicht alleine in diesem Jahr, sondern über zwei Jahre. 

Die Sparkassenkunden haben ja ein sehr großes Kreditvolumen, in Summe um die 56 Mrd. Euro. Davon liegen bei Sparkassen und skp insgesamt rund 22 Mrd. Euro. Also sind noch über 60 Prozent der Wertkredite bei Fremdbanken. Ärgert Sie das?

Jan Welsch: Nein. 100 Prozent werden wir nicht kriegen. Beim Autokauf zum Beispiel kann der Kunde oft die Finanzierung im Komplettpaket gleich mitnehmen. So etwas können wir kaum beeinflussen. Ein mögliches Ziel ist, dass die Sparkassen zumindest Kredit-Marktführer bei ihren eigenen Kunden werden. Eine Größenordnung um die 30 Mrd. Euro sollte drin sein für die Sparkassen, wenn sie nah genug am Point of Sale sind. Zum Beispiel mit unserem neuen Kontoumsatzkredit: Der Kunde kann die Umsätze, die er gemacht hat, etwa beim Kauf einer Waschmaschine, direkt in eine Ratenzahlung umwandeln. Im Onlinebanking die eigene Liquidität selbst steuern, indem ich mir selbst Kredite hole mit wenigen Klicks, das ist ein toller Service.

Was wird sich aus Ihrer Sicht durch COVID-19 kurz- und mittelfristig verändern im Vertrieb?

Jan Welsch: Wir merken jetzt schon, dass Kunden offener sind für die telefonische Ansprache. Und der Anteil der Nutzung der digitalen Kanäle wird weiter steigen. Bisher haben wir immer gesagt, dass die jungen Kunden gerne das Onlinebanking nutzen, genauso wie die vielleicht etwas preisaffineren, die auf die Vergleichsportale gehen. Jetzt ist es so, dass breite Kundengruppen in das Onlinegeschehen hereingedrückt wurden, weil es gar keine Alternative gab. Und sogleich haben auch die Sparkassen viel dafür getan und tun es auch weiterhin, dass die Onlinebankingquote weiter steigt. 

Wenn Kunden diese Kanäle mehr nutzen, brauchen wir natürlich Mitarbeitende, die fähig sind, online oder per Telefon gut zu beraten. Die Kundenberatung ist ein wichtiges Merkmal, das Sparkassen von anderen unterscheidet. Wenn man die Möglichkeit der Beratung nutzt und mit dem Kunden über seine Bedürfnisse spricht, vielleicht auch eine Liquiditätsoptimierung betreibt, dann ist das ein Asset, das die Sparkassen hier haben. Darauf sollten wir setzen.

Angesichts von Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit wird es Kundensegmente geben, die temporär keine oder nur kleinere Kredite erhalten können. Firmenkunden werden zurückhaltender bei Investitionen agieren. Ein Problem?

Jan Welsch: Es wird mit Sicherheit ein paar Bremsspuren geben. Das heißt aber nicht, dass kein Geschäft gemacht wird. Aber wenn zuvor drei Kontakte ausreichten, wird es nun vier oder fünf Kontakte brauchen. Das Thema Kundenansprache muss noch weiter forciert werden, damit wir die Kunden, die wollen und können, vor dem Wettbewerber erreichen – oder ihn zu uns holen.

Das bedeutet, qualitatives Marktpotenzial wird eventuell kleiner, aber ist nicht der offene Punkt. Das Potenzial ist hinreichend groß, sodass noch weiteres Wachstum möglich ist. 

Jan Welsch: Genau. Denken Sie an den Öffentlichen Dienst, das Gesundheitswesen, den Pharma-Bereich – ganz viele Branchen partizipieren gerade von der Krise. Man muss selektieren und einerseits schauen, wo noch Potenziale liegen, die in der Vergangenheit vielleicht noch nicht ausreichend angesprochen wurden, sowie andererseits die Kundenansprache etwas zurückfahren. 

Was sind aus Ihrer Sicht Erfolgsfaktoren, die Sparkassen über das Ratenkreditgeschäft hinaus beherzigen können? 

Jan Welsch: Risikoprävention und Analytics im Vertrieb sind zwei wichtige Stichwörter, ebenso die Zukunft des gesamten Retailgeschäfts. Das, was für Kredite gilt, gilt natürlich auch für andere Dienstleistungen, z. B. für Versicherungsprodukte.

Wenn Sie zurückblicken, was waren die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Prozess und was hat Sie am meisten überrascht?

Jan Welsch: Die wichtigste Erkenntnis: Man kann nicht genug über das Geschäft reden! Das sorgt immer wieder für Aufmerksamkeit und Aha-Effekte auf Vorstands- und Führungskräfteebene. Der zweite wichtige Punkt: Ohne die Aktivitäten zu initiieren, zu steuern und nachzuverfolgen läuft nichts. Wir haben ein super System, aber wenn das System nicht befüllt wird, dann bringt uns das alles nichts. Das ist wie ein Ferrari ohne Treibstoff. 

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„Uns ist es gelungen, eine starke Vertrauensbasis zu unseren Partnersparkassen aufbauen.“