Was braucht es in diesen Zeiten für eine Person an der Unternehmensspitze? Dieser Frage geht Wolfgang Essing seit Langem nach. Der Senior Partner von zeb kennt sie noch – die gediegenen Vorstandscasinos mit livrierten Kellnern. Und er weiß auch, welche Anforderungen an aktuelle und künftige C-Level-Führungskräfte gestellt werden. Wolfgang Essing führt den Unternehmensbereich zeb.move bei zeb, der sich auf die Transformation von Banken, Sparkassen und Versicherungen fokussiert, ein wichtiger Aspekt dabei: Führung und insbesondere Führung von ganz oben – als CEO.
„Früher konnten Vorstandsvorsitzende in Dekaden denken, heute vielfach nur in Zeitspannen von ein bis drei Jahren. Und dann stehst du vor der Frage: Wie kannst du dein Geschäftsmodell neu erfinden?”, beschreibt Essing. Das bedeute, dass Unternehmen ihre Fähigkeit, sich zu verändern, erhöhen müssen.
Der heutige CEO müsse eine Person sein, die „viel, viel schneller, viel intensiver und mit innovativen Methoden bestehende Strategien und Geschäftsmodelle weiterentwickelt oder auch infrage stellt.” Das könne sehr gut in der Automobilindustrie beobachtet werden – Stichwort: E-Mobilität. Auch in der Finanzdienstleistungsbranche ziehe das Veränderungstempo, getriggert u. a. durch neue Wettbewerber, deutlich an. Nicht mehr zeitgemäß sei der CEO alter Schule, der – geprägt von Traditionen – gut daran tat, ein Bewahrer zu sein, und das Unternehmen sanft weiterentwickelte.
Die neue Agenda: Ein CEO muss motivieren und begeistern
Als heutige CEOs sind Menschen gefragt, die neben der notwendigen fachlichen Expertise vor allem „Verantwortung tragen, die motivieren und begeistern, integrieren und Sinn stiften“, ist sich Essing sicher. „Wenn das nicht gelingt, werden die Mitarbeitenden nicht folgen – und das ist insbesondere mit Blick auf zwingende Transformationen ein Showstopper.” Der Wettbewerb um die besten Köpfe, seien es Auszubildende, Trainees oder High Potentials, werde nicht allein über die Recruiting-Abteilungen geführt, sondern auch darüber, wie CEOs und die weiteren Topverantwortlichen ihr Unternehmen nach außen präsentieren. „Die besten Leute bekommt man nicht über einen autokratischen Führungsstil. Punkt!“
Die obersten Kundenversteher
„Heutige CEOs müssen die obersten Kundenversteher sein“, fordert Essing. Es sei immer wieder die Frage zu stellen: Wie zahlt das, was wir machen und was wir entscheiden, auf den Kundenmehrwert ein. Dies müsse in jede Diskussion und in jede strategische Überlegung eingebracht werden. Und das setze voraus, dass CEOs aus dieser Perspektive denken. Schließlich sind CEOs auch die obersten Repräsentantinnen und Repräsentanten der Kultur eines Hauses. Neueste Untersuchungen, etwa die Transformationsstudie 2022, zeigen klar auf: Ertragsstarke Banken, Sparkassen und Versicherungen unterscheiden sich kulturell signifikant von den Low-Performern der Branche. „Eine Erfolgskultur zu fördern und zu schaffen, ist eine extrem wichtige Aufgabe für zeitgemäße CEOs”, sagt Essing. Dazu gehöre, eine Kultur der psychologischen Sicherheit herzustellen, eine Kultur, die es ermögliche, (im positiven Sinne) quer zu denken, unangenehme Dinge anzusprechen und auch Fehler zu machen. „Das hört sich profan an, es ist aber eine Riesenherausforderung, eine solche Kultur hervorzubringen”, so Essing. „Die Wahrheit muss bei dir ankommen und nicht Schönfärberei; dafür müssen CEOs die Rahmenbedingungen schaffen.”
Das eigene Ego als Stolperfalle
Die größte Herausforderung, so Essing, „ist das konsequente Vorleben. Manchmal gibt es bekanntlich ein Delta zwischen Selbst- und Fremdbild – gerade wenn es für jemanden persönlich unbequem wird, kommt man an Grenzen. Da kann das eigene Ego schon mal im Weg stehen.” Es bedürfe eines Typus CEO, der „maximal selbstreflektiert ist und ein Umfeld schafft, das ihm auch den Spiegel vorhält.” Doch um überhaupt in diese Position zu kommen, brauche es diejenigen, welche die Kriterien für die CEO-Auswahl festlegen: den Aufsichtsrat. „Bei einem traditionellen Aufsichtsgremium haben es junge, ambitionierte CEOs relativ schwer“, beschreibt Essing. Aber auch hier seien deutliche Veränderungen und Weiterentwicklungen festzustellen. Der Mut und die Bereitschaft, junge und eher disruptiv veranlagte CEOs zu ernennen, haben deutlich zugenommen. Allerdings: „Die Kriterien mögen sich geändert haben, nicht aber der Auswahlprozess. Ohne ein belastbares Netzwerk in den Reihen der Topentscheiderinnen und -enscheider sowie der Aufsichtsgremien wirst du kein CEO.“
Passé die Zeiten von einmal Vorstand, immer Vorstand
Nach dem C-Level kam früher nichts mehr – außer dem Wechsel zu einem anderen Unternehmen oder in den Ruhestand. „Heute erlebe ich eine Generation von engagierten Vorständen, die getrieben sind, bestimmte Ziele oder Ideen umzusetzen, die auch in der Lage sind, sich selbst und ihre Rolle infrage zu stellen.“ Sie denken nicht nur in der Struktur des permanenten Verbleibs auf dem Stuhl des CEO, sie denken auch in Alternativen außerhalb einer solchen Rolle. Für sie sei es z. B. durchaus reizvoll, etwa bei einem Start-up mitzumachen. Und auch die Insignien der Macht haben sich geändert: Es sei nun das E-Auto und nicht die große Luxuslimousine, und statt Schlosshotel mit schweren Eichendecken sei es die Teilnahme am Weltwirtschaftsforum in Davos oder an Young Entrepreneurs Cycles oder auch die Reise ins Silicon Valley und die Gespräche mit relevanten Gründerinnen und Gründern. „In diesen Zirkeln fühlen sie sich wohl und sehen sich als Teil der Disruption”, beschreibt Essing.
Fazit:
Moderne CEOs …
- sind oberste Kundenversteher
- sind stärkste Treiberinnen und Treiber kultureller Veränderungen und der gesamten Transformation
- gestalten eine Kultur der psychologischen Sicherheit
- sind maximal selbstreflektierte Personen
- integrieren, moderieren, motivieren und stiften Sinn
- sind frei von autokratischem Stil
Übrigens: Die Anforderungen an moderne #CEOs sind Teil des Programms move, in dem die zeb-Kompetenz zu Fragen der Transformation von Unternehmen der Financial-Services-Branche gebündelt ist.
„Als heutige CEOs sind Menschen gefragt, die neben der notwendigen fachlichen Expertise vor allem Verantwortung tragen, die motivieren und begeistern, integrieren und Sinn stiften.“