Banker allein zu Haus
Allein, zuhause, digital vernetzt: Wie arbeitet es sich in der Finanzbranche während der Pandemie?
Wir haben Mitarbeiter verschiedener Institute befragt, und das Ergebnis ist eindeutig: allein, aber nicht ohne Rückhalt. Und auch das Kundenvertrauen ist noch intakt.
Innerhalb weniger Wochen hat es Covid-19 geschafft, traditionelle Strukturen von Wirtschaft und Gesellschaft drastisch zu verändern. Dass Wandel die neue Konstante ist, hatte sich schon in der Digitalisierung abgezeichnet – heute ist Remote das neue Miteinander: Führung, Zusammenarbeit, Beratung und Bewertung findet meist ohne zwischenmenschliche Dimension statt, Bildschirme ersetzen die Sinne. Was macht das mit den Menschen aus dem Finanzsektor?
Mitte März hat zeb begonnen, Mitarbeitende von Banken und Versicherungen zu ihren Erfahrungen mit den Veränderungen ihres Arbeitsumfelds zu befragen. Mehr als 350 Branchenexperten standen uns Rede und Antwort – die Fragen stellte unser interaktives Befragungs-Tool – der zeb.Chatbot – natürlich ebenfalls remote: Was geben die IT-Systeme des jeweiligen Instituts her? Wie funktioniert gute Führung, wenn man sich nicht mehr persönlich begegnet? Welche Veränderungen im Kundenverhalten wurden wahrgenommen? Die Antworten können sich sehen lassen.
„Kommunikation is king“
In Krisenzeiten gilt: Nur durch einen verlässlichen und transparenten Informationsaustausch bleibt der Kontakt zwischen Führung und Team, aber auch zwischen den einzelnen Teammitgliedern lebendig. Dies wiederum ist notwendig, um die Produktivität sowie Motivation der Mitarbeiter zu erhalten. Unsere Befragung zeigt, dass diese Aufgabe bei Banken und Versicherung recht gut gelungen ist: So haben sich immerhin 70 Prozent der Teilnehmer von Beginn der Krise an ausreichend informiert gefühlt. Die übrigen Befragten wandten ein, das ihr Arbeitgeber entweder relativ spät mit Kommunikationsmaßnahmen reagiert oder zu wenige Informationen übermittelt hat. Ein neuralgischer Punkt: Vier von zehn Teilnehmern berichten von einer fehlenden unterbewussten Kommunikation, die bei virtuellen Abstimmungen nicht oder nur unzureichend erfolgt. Diese Befragten sind sich einig, dass bestimmte Themen wie Beurteilungsgespräche besser persönlich erfolgen sollten. Außerdem werde die persönliche Kommunikation vernachlässigt, beispielsweise durch die fehlenden zufälligen Treffen im Büro. Herausfordernd seien zudem die virtuelle Abstimmung vor allem in Gruppen sowie aktuelle Prozesse im Unternehmen, die nicht auf eine voll digitale Bearbeitung eingestellt sind.
Home, sweet home?
Eine ähnlich solide Bewertung gab es auch für die Arbeit aus den eigenen vier Wänden: Über 70 Prozent der Teilnehmer geben an, vollständig im Homeoffice zu arbeiten, zusätzlich sind rund 15 Prozent teilweise im Homeoffice tätig. Der überwiegende Teil bestätigte zudem, dass er schon direkt nach der kurzfristigen Verlagerung des Arbeitsplatzes produktiv war. Dazu passt auch das Feedback bzgl. der Arbeitsproduktivität in Zeiten von Corona. Die Teilnehmer geben hier an das sie ca. 87% der Produktivität im Vergleich zu vorher leisten können. Das ist ein überraschend hoher Wert für eine Branche, in der Arbeiten im HomeOffice bisher alles andere als eine Selbstverständlichkeit war. Daran wird deutlich, dass die IT-Investitionen für das virtuelle Arbeiten – „Workplace of the Future“ – Früchte tragen. Sie dienen nicht nur zur Mitarbeiterzufriedenheit und Verbesserung der Arbeitsabläufe, sondern sind ebenfalls ein elementarer Teil im Bereich des Notfallmanagements.
Kollaboration statt Isolation
Über 60 Prozent der Befragten bestätigten, dass die Zusammenarbeit in Teams erstaunlich gut funktioniert. Dies gilt besonders für Mitarbeiter der Groß- und Spezialbanken. Und jeder siebte Teilnehmer bewertet sogar die aktuelle Zusammenarbeit als deutlich effizienter als vor der Pandemie. Weitere 19 Prozent gaben an, dass sie keinen Unterschied bemerkt haben. Trotzdem lassen sich die bekannten Problemstellungen bei der Teamarbeit auf Distanz nicht verbergen: Beispielsweise berichten 16 Prozent der Befragten, dass Informationen verloren gehen, weitere 14 bestätigen eine schwierige Zusammenarbeit. Explizit genannt wurden zudem unzureichende Arbeitsstrukturen sowie das fehlende Feedback. Finanzdienstleister sind also gut beraten, diese Punkte für das virtuelle Arbeiten in Teams zu optimieren. Dazu zählen beispielsweise klare Prozesse und Strukturen für die Informationskette und das Feedback. Hierfür haben sich etwa virtuelle Daily-Standup-Meetings etabliert.
Remote-Führung – auf der Langstrecke
Gut die Hälfte der Befragten arbeitet eigenen Angaben zufolge als Führungskraft. Davon geben 54 Prozent an, dass die Leitung wie zuvor funktioniert, gut 42 Prozent berichten von einer eingeschränkten Führung. Lediglich drei Prozent konzedieren, dass die Steuerung der Teams nicht mehr funktioniert. Insgesamt wird die Effektivität der Führung im Vergleich zur Ausgangssituation im Durchschnitt mit 80 Prozent bewertet. Daraus lässt sich ableiten, dass es aktuell noch Einschränkungen im Führungsverhalten gibt – bei einer positiven Grundstimmung. Trotz Krise sollten Banken die kommenden Monate nutzen, um weiter an ihren digitalen Prozessen und der dazugehörigen Infrastruktur zu arbeiten und den Wert mittelfristig noch weiter zu verbessern.
Das Kundenvertrauen ist stark
Neben den veränderten Arbeitsbedingungen hat die aktuelle Situation auch Auswirkungen auf das Kundenverhalten. Über die Kundensegmente hinweg, sind vermehrte Interaktionen festzustellen – vor allem in Regionalbanken. Bei den Retail-Privatkunden lässt sich beispielsweise eine deutliche Erhöhung der Anfragen zu kurzfristigen Liquiditätserhöhungen feststellen: Rund 45 Prozent der Teilnehmer berichten von erhöhtem Interesse an Dispoerhöhungen, 29 Prozent von Anfragen zu Baufinanzierungen wie Stundungen, und weitere 25 Prozent haben eine gestiegene Nachfrage nach Konsumkrediten festgestellt. Auffällig ist auch, dass fast ein Drittel der Banken über gestiegene Geldabhebungen berichtet.
Im Bereich Private Banking sind Anfragen zur Umschichtung des Depots mit 57 Prozent am häufigsten genannt, aber auch eigene Online-Zugänge zu den Depots werden vermehrt nachgefragt. Das Firmenkundengeschäft hat aktuell zwei große Schwerpunktthemen, die jeweils von über 60 Prozent der Befragten genannt werden: Zum einen werden die von der Politik beworbenen KfW-Kredite angefordert, zum anderen geht es um Liquiditätserleichterungen bei bestehenden Finanzierungen beispielsweise durch Stundungen. Somit lässt sich erkennen, dass die Kunden über alle Banking-Segmente hinweg auch in der Krisenzeit ihren Instituten vertrauen und ihre Berater zur Problemlösung ansprechen. Dieser Effekt ist bei den Regionalbanken vor Ort am stärksten zu erkennen.
Kostenlose interaktive Analyse der gesamten Befragung
Wie beurteilen die Mitarbeiter Ihre Arbeitgeber und ihre Führungskräfte in der Krise? In unserem neuen Serviceangebot – dem Digital Services Hub – können Sie die die gesamte Umfrage selbst in einem interaktiven Dashboard analysieren.