Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend

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Deutschlands wertvollste Bank?
Es ist die National-Bank aus Essen. Ihre Bilanzsumme beträgt etwa 4,8 Milliarden Euro. Wie kann das sein? Die Deutsche Bank hat das 270-Fache, also 1.297 Milliarden Euro. Nun, alles eine Frage der Perspektive.  Das Institut für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) hat nicht den Wert, sondern die Werte betrachtet. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit rangiert dann die kleine Regionalbank deutlich vor dem Frankfurter Global Player.

Diese unterschiedliche Betrachtung zwischen Nachhaltigkeit und finanzieller Bewertung schwindet. So sieht es zumindest Wolfgang Schlaffer, Partner der Strategie- und Managementberatung zeb. “Auf lange Sicht werden alle auf Nachhaltigkeit umschwenken und das wird viel schneller kommen, als wir derzeit alle glauben.” 

Der norwegische Staatsfonds investiert nach nachhaltigen Grundsätzen und der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock stellt seine Investmentstrategie auf ESG-Kriterien - Environment, Social, Governance - um. Künftig wird Nachhaltigkeit zu einem wesentlichen Bestandteil des Investmentprozesses und des Risikomanagements. Hingegen wird man sich von Anlagen trennen, die ein erhebliches Nachhaltigkeitsrisiko darstellen, wie etwa Wertpapiere von Kohleproduzenten. Und diese beiden Größen der Fondsbranche seien nur Beispiele für eine umfassende Veränderung, so Schlaffer. Er hat sechs Thesen zum Thema Nachhaltigkeit formuliert.

Nachhaltigkeit bleibt
Nachhaltigkeit ist kein Trend. In fünf Jahren reden wir nicht mehr darüber, ob Nachhaltigkeit sein muss, sondern nur noch über das Wie. Wir erleben derzeit grundsätzliche Änderungen im Mindset von Wirtschaft und Gesellschaft. In den vergangenen Jahren ist der Umfang der in speziell nachhaltigen Anlagestrategien verwalteten Vermögen rasant gestiegen – und es deutet nichts auf eine Verlangsamung dieser Bewegung hin. Finanzielle Entscheidungsträger erwarten mehr von Unternehmen als kurzfristige Renditen und sind auf der Suche nach nachhaltigeren Anlagelösungen. Aufsichtsbehörden und Regierungen weiten ihren Fokus aus und verlangen zunehmend die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in Anlegerinformationen und Beratungsprozessen. Das Bewusstsein verstärkt sich, dass ESG-Research und Analysen potenzielle Anlagerisiken identifizieren und einen Beitrag zu Überschussrenditen leistet.

Begriff “Nachhaltigkeit” wandelt sich ständig
Der Begriff der Nachhaltigkeit ist nicht in Stein gemeißelt. Er unterliegt einem ständigen inhaltlichen Wandel. War Klimaschutz vor fünf Jahren kaum ein Thema, so rangiert er heute auf der Agenda sehr weit vorne (und wird wohl nur temporär von Corona überlagert). Es werden aber auch wieder Zeiten kommen, in denen Social-Aspekte stärker in den Fokus rücken oder Themen aus dem Bereich Governance wie aktuell bei Wirecard.

Wir brauchen eine Nachhaltigkeitsdefinition
Es existiert kein allgemein gültiger Begriff von Nachhaltigkeit. Das versucht der Gesetzgeber sukzessive umzusetzen. Das ist notwendiges Handwerk, damit Rechtssicherheit besteht. Andererseits: Wird hier überreguliert und ein Zuviel an Taxonomie verlangt, also zuviel bürokratischer Aufwand betrieben, so verteuert das ESG-Produkte und letztlich werden nachhaltige Anlagen nicht gefördert - wie politisch gewünscht - sondern behindert. Wir brauchen einen Rahmen, aber einen flexiblen.

Argument “Performance” greift zu kurz
Aktuell wird gegen ESG-Anlagen noch gerne das Argument der mangelnden Performance angeführt. Ein Blick auf Wirecard relativiert dieses Bild sehr schnell. Hier ist massiv gegen Governance-Vorgaben verstoßen worden. Resultat: Immense Verluste auf Seite der Anleger. Führt Nachhaltigkeit zu einem Renditeverlust? Diese These unterschreibe ich nicht. Ich glaube - und das zeigen die Studien -, dass nicht-nachhaltiges Verhalten mit höherem Risiko bzw. Verlust verbunden ist und sich nicht auszahlt.

Nachhaltigkeit hat nichts mit Philanthropie zu tun
Wer Gutes tun möchte, kann spenden. ESG-Anlagen folgen hingegen einem wirtschaftlichen Kalkül. Nachhaltigkeit ist letztlich Garant für stabiles unternehmerisches Wachstum. Das Prinzip des ehrbaren Kaufmanns basierte nicht auf Menschenfreundlichkeit, sondern darauf, mit diesem nachhaltigen Geschäftsmodell letztlich erfolgreicher zu sein. Wer sich heute nicht nachhaltig verhält, wird mit Risikoaufschlägen seitens des Kapitalmarktes belegt.


Die Debatte ist global
Wir sehen nicht nachhaltiges Agieren im Amazonas, in den Regenwäldern Sumatras und vielen Minen Afrikas. Dennoch: Die Diskussion um Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr Fahrt. Europa hat zwar eine Vorreiterrolle, aber es eine globale Debatte. Die großen Vermögensverwalter wie Blackrock oder auch Investmentbanken wie Goldman Sachs haben ihre Strategien auf ESG ausgerichtet. Für die großen Zentralbanken und Regulierer wird das Thema immer wichtiger - und zwar gerade unter Risiko-Aspekten. 

Unterm Strich: Der Unterschied zwischen einer werte-orientierten Anlage und einer wert-orientierten ist künstlich - zumindest mittel- bis langfristig. Denn Investments, die nicht nachhaltig sein werden, sind keine guten Investments, da sie zu große Risiken beinhalten. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit werden sich mehr und mehr bedingen. Dann reden wir nur noch über das Wie der Nachhaltigkeit und nicht mehr über das Ob.

 

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