HSBC will 40 Prozent der Büroflächen reduzieren. Die Bayern LB will nur noch für sieben von zehn Beschäftigten Arbeitsplätze vorhalten – das sind nur zwei aktuelle Ankündigungen, die skizzieren, wo es zurzeit hingeht: Die Arbeit von Banken und Sparkassen wird sich künftig nur noch teilweise im Büro abspielen, ein anderer Teil findet mobil statt – in der Regel zu Hause. „Das hat harte Kostenvorteile“, begründet zeb-Managerin Dr. Christina Block und gibt gleichzeitig zu bedenken: „Die wenigsten Unternehmen setzen sich aber wirklich damit auseinander, was es bedeutet, eine Organisation hybrid aufzubauen. Oftmals gibt es noch kein Zielbild.“
Viele Unternehmen verstehen „hybrid“ als „Büro plus remote“ und konzentrieren sich nur auf technische Infrastruktur und Büroflächen. Es gehe aber vielmehr darum, Konzepte zu entwickeln, wo und wie das beste Ergebnis erzielt werden kann. Das betreffe viele Bereiche – von der Art der Führung über (neue) Formen der Zusammenarbeit bis hin zur Unternehmenskultur. „Gerade die kulturellen Folgen werden oftmals vergessen“, so Block.
Hohe Identifikation schaffen
„Jede Versicherung und jede Bank kann für ihre Beschäftigten ein Google-Gefühl erzeugen, also ein Gemeinschaftsgefühl, eine hohe Identifikation und Leistungsbereitschaft“, ist sich Christina Block sicher. Dazu sei es notwendig, das Büro auch als „kulturelle Begegnungsstätte“ zu begreifen. Es ist der Ort, wo das Team sich trifft, wo es aber auch Bereiche für individuelle Arbeit gibt, wo es transparenter und verantwortungsbewusster zugeht.
Damit beschreibt Christina Block einen umfassenden Transformationsprozess, in dem sich weite Teile der Financial-Services-Branche befinden. Das hybride Arbeiten wirke dabei als Brennglas, das viele Aspekte der neuen Arbeitswelt aufzeige. „Oftmals wird das Thema auch als Ausgangspunkt genommen, um größere Transformationen anzuschieben.“
Die Angst vor Kontrollverlust
Zum Thema Führung sagt Block: „Ich erlebe die Angst vor Kontrollverlust, Reserviertheit, Verantwortung abzugeben, aber auch, diese anzunehmen.“ Führungskräfte seien mehr gefordert, Transparenz unter hybriden Arbeitsbedingungen zu schaffen – wer arbeitet woran, wer braucht Hilfe. Und sie seien gefordert, „Konflikte ohne Scheu anzusprechen, die früher beim Plausch in der Teeküche geklärt werden konnten.“
Durch hybride Arbeit – so die bisherigen Erkenntnisse – werden Leistungsunterschiede offenkundiger und entwickeln sich auseinander. Hier gelte es, rechtzeitig „Überhitzungen“ zu erkennen. „Die Entwicklung ist klar: weg vom Kontrollieren, hin zum situativen Unterstützen und Befähigen“, so Block. „Es gibt großen Bedarf, Führungskräfte fit zu machen.“
Der Vorstand ohne Büro
Die Transformation werde allerdings alle betreffen, ist sich die zeb-Managerin sicher. Wenn es ein Unternehmen richtig mache, dann brauche auch der Vorstand kein eigenes Büro mehr, auch wenn es weiter Räume für vertrauliche Gespräche geben müsse. Ebenso werde die Filiale im direkten Kundenkontakt in zehn Jahren anders sein. „Im ersten Schritt sollten Filialen auch als Begegnungsstätten mit Kunden betrachtet werden – z. B. ohne Counter und in einer angenehmen Atmosphäre gestaltet. In einem zweiten Schritt steht die Vision, dass wir uns bereits im Metaverse befinden und durch Avatare Kundengespräche führen. Möglicherweise zunächst in einer hybriden Form, in der ich als Kunde in einer Filiale einen Avatar treffen kann, also ganz ohne physische Begegnung. Das ist noch weit in der Zukunft – aber ich bin mir sicher: Das wird kommen.“
Hybrides Arbeiten schafft auch ganz neue Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, denn plötzlich steht auch einer Regionalbank ein überregionaler Arbeitsmarkt zu Verfügung. „Die Herausforderung hierbei besteht dann aber darin, unter hybriden Bedingungen ein Onboarding zu gewährleisten, das auch Identifikation und Commitment stiftet“, so Block. „Denn die Beschäftigten müssen ja nicht nur technisch und inhaltlich ankommen, sondern auch persönlich.“
„Jede Bank, jede Versicherung kann wie Google sein.“
Dr. Christina Block, Managerin, zeb