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Basel IV bedroht Europas Banken

Die Vorgaben des finalen Rahmenwerks Basel IV benachteiligen Europas Banken gegenüber den USA massiv. Das ist kritisch. Die Banken müssen handeln.

  • Basel IV schreibt Banken vor, wesentlich mehr Kapital vorzuhalten als bisher
  • Während die Regularien die US-Banken verschonen, leiden Europas Geldinstitute unter den neuen Anforderungen
  • Wichtig ist, dass die Aufseher die nur in Europa existierenden SREP-Aufschläge mit einkalkulieren

 

 

 

Weitreichende Konsequenzen der Finanzkrise

Die Finanzkrise 2008 hatte verheerende Folgen. Banken kollabierten, einige Staaten schwankten gewaltig und nur mit Mühe konnte das Bankensystem gerettet werden. Im Nachgang nun hat die internationale Bankenaufsicht interne Risikomodelle als eine der Schwächen im bisherigen System ausgemacht und legt mit Basel IV gleich eine Antwort vor. Das neue Paket schreibt Banken vor, wesentlich mehr Kapital vorzuhalten als bisher, wenn sie mit internen Modellen statt einem Standardmodell kalkulieren. Das erhöht das Ungleichgewicht zwischen Finanzfirmen in Europa und den USA massiv. 


Während die Regularien die US-Banken verschonen, leiden Europas Geldinstitute erheblich unter den neuen Anforderungen. Diese Entwicklung könnte extrem gefährlich werden, wenn amerikanische Banken ihre europäischen Konkurrenten sukzessive verdrängen. Im schlimmsten Fall wird gar ein Großteil der europäischen Wirtschaft stark abhängig sein von US-Banken. 


Konkret ist die Rede von den neuen Anforderungen ans Eigenkapital, die Basel IV verlangt. Während die Geldinstitute in den USA häufig mit einem Standardmodell kalkulieren, nutzen die Geldinstitute in Europa seit mehr als 10 Jahren erfolgreich interne Modelle. Diese führen unter Berücksichtigung von Ausfall- und Verlusthistorien oftmals zu deutlich niedrigeren Risikogewichten, sprich Banken müssen weniger Kapital hinterlegen. Neu ist nun, dass die Differenz zwischen dem Standardmodell und diesen internen Modelle nicht größter als 27,5 Prozent sein darf. Europäische Banken müssen in der Folge teilweise mehr als 30 Prozent mehr Eigenkapital bunkern. Das ist ein erhebliches Problem für sie.   

Erwarteter Basel-IV-Effekt auf risikobasierte Kapitalanforderungen

Denn seit der Finanzkrise 2008 haben die Banken ihre Kapitalisierung bereits signifikant verbessert. Im Schnitt liegt die harte Kernkapitalquote bei den 50 größten Europäischen Banken bei knapp 14 %. Kaum ein wichtiges Geldinstitut droht heute noch mangels hinreichender Kapitalisierung in eine Schieflage zu geraten. Hinzu kommt der sogenannte SREP-Puffer, den die europäische Aufsicht vorschreibt. Dieser variiert je nach Institut, bedeutet aber für alle Institute Kapitalaufschläge, die teils weit über die Basler Standards hinausgehen. Damit ist die Kapitalbasis schon heute gesichert. 
Es mag zwar vernünftig klingen, das Berechnungsmodell international anzupassen, weil Banken sich mit internen Modellen auch das eigene Risikoprofil schönrechnen können. Das gilt etwa für “Low Default Portfolios”, also bei Forderungen gegenüber Staaten, Banken oder großen Firmen. Dort reicht die Datengrundlage oftmals nicht aus, um Ausfall- und Verslustwahrscheinlichkeiten belastbar vorherzusagen. Entsprechend sind konservativere Schätzungen hier elementar.


Den wirklich großen Teil des Geschäfts in Europa aber macht das Mengengeschäft aus, beispielsweise Baufinanzierungen, und Finanzierungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Zum Geschäft mit dieser Säule der Europäischen Wirtschaft gibt es ausreichend Daten (High Default Portfolios) und fundierte Rechenmodelle, die Basel IV in seiner jetzigen Form schmerzlich beschneidet. 


Europas Banken dürfte das noch weiter zurückwerfen. Denn die bereits erfolgte Stärkung des Eigenkapitals und die langanhaltende Niedrigzinsphase setzen die Profitabilität der Banken erheblich unter Druck. Im Schnitt verdienen Europas größte Banken ihre Eigenkapitalkosten nicht – damit hängen sie bereits heute deutlich hinter der US-Konkurrenz hinterher. Erhöht die Aufsicht nun die Anforderungen an die Kapitalbasis, könnte das manche Institute existenziell gefährden.  


Deshalb ist es wichtig, dass die Aufseher bei der Überführung der Basler Vorgaben in europäisches Recht diese Gefahr eindämmen. Das könnten sie machen, indem sie in die Berechnungen die nur in Europa existierenden SREP-Aufschläge mit einkalkulieren. Auf diese Weise würden die Kapitalanforderungen kaum steigen, die Sicherheit des Systems aber wäre weiterhin gewährleistet. 

"Basel IV stellt eine harte Belastungsprobe für Großbanken in Deutschland und Europa dar – die rechtzeitige Entwicklung von Mitigationsstrategien wird überlebenswichtig."

Christian Schiele, Partner

Das Basler Rahmenwerk kennt die in Europa von der EZB verhängten SREP-Puffer nicht. Dementsprechend könnte der Output-Floor für die Vergleichsrechnung mit Standardverfahren so ausgestaltet werden, dass nur die Basler Kapitalpuffer berücksichtigt werden. Ein solches Vorgehen würde – wie das Beispiel zeigt - den befürchteten sprunghaften Anstieg der Kapitalunterlegung vermeiden.   
Linke Seite: Vorgehen gem. Basler Rahmenwerk – Abgleich der risikogewichteten Aktiva auf Basis interner Modelle (im Beispiel 116) mit der RWA-Untergrenze durch den Output-Floor (135, entspricht im Beispiel 27,5% der Standardansatz-RWA). Der größere Wert ist mit der institutsspezifischen Kapitalanforderung (=CET1-Mindestanforderung plus Basler Puffer plus SREP-Puffer (P2R/P2G)) zu unterlegen.
Rechte Seite: Alternatives Vorgehen – Abgleich der Kapitalunterlegung auf Basis interner Modelle inkl. SREP-Puffer (RWA x Kapitalanforderungen unter Berücksichtigung Basler Puffer und SREP-Puffer) mit der Kapitalunterlegung auf Basis Standardverfahren exkl. SREP-Puffer (RWA x Kapitalanforderung unter ausschließlicher Berücksichtigung der Basler Puffer).

Alternativen des Outputfloor

Nur darauf zu hoffen, dass die Aufseher solche Bitten der Banken erhören, ist allerdings äußerst gefährlich...

Daher sollten sich die Institute frühzeitig mit den Auswirkungen der neuen Regelungen auf das eigene Haus beschäftigen. Welche Produkte sind besonders betroffen? Wie verändern sich Risiko-/Ertragsprofile vor dem Hintergrund des neuen Rahmenwerks? Wie kann ich Portfolioverschiebungen vornehmen, ohne ins Wanken zu geraten? Was heißt all das für die Steuerung des Geschäfts bis hin zum Pricing? All das sind wichtige Fragen. Am schwersten wiegt aber diese eine: Hat das Geschäftsmodell unter Basel IV noch eine Chance? Nur Banken, die das konsequent hinterfragen, können dem harten Wettbewerb standhalten.