Mit einem neuerlichen zeb-Finanzmarkt Round Table in Düsseldorf setzte zeb die Reihe von Veranstaltungen fort, bei denen Persönlichkeiten aus Politik und Finanzinstitutionen mit einem kleinen, ausgewählten Teilnehmerkreis zu aktuellen finanzpolitischen Fragestellungen diskutieren. Mit Vorstandsvertretern von namhaften Versicherungsgesellschaften tauschte sich Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor der BaFin und zuständig für die Versicherungs- und Pensionsaufsicht, über die aktuellen Herausforderungen für Aufsicht und Branche aus.
Dr. Grund stellte in seinem Eingangsstatement fest, dass die aktuelle Corona-Pandemie nicht alle Versicherungsgesellschaften gleichermaßen treffe. Auf der Passivseite seien vor allem die Anbieter von Kredit- und Kautionsversicherungen, Ausfallversicherungen und Betriebsschließungsversicherungen betroffen. Je nach Deckungsumfang entschädigten diese die Versicherten für Schäden, die mit der Pandemie einhergingen. "Wir sehen derzeit nicht, dass dieses Schadenaufkommen die betroffenen Versicherer überfordert", so Dr. Grund. Ebenso wenig beobachte man bisher Probleme in Sachen der Liquidität. Die Liquiditätsausstattung hätte auch in der Vergangenheit kaum im Fokus gestanden, da sich Versicherer eines permanenten Zuflusses von Prämien sicher seien. Fest stehe allerdings, so Dr. Grund, dass das Social Distancing dem Neugeschäft nicht guttue. Dr. Grund: "Es heißt nicht ganz zu Unrecht, dass Versicherungen verkauft und nicht gekauft werden. Dafür muss der Verkäufer aber erst einmal an den Kunden herankommen." Übereinstimmung herrschte im Hinblick auf die angespannte Lange mancher Pensionskassen und Lebensversicherer. Hier habe Corona die Situation weiter verschärft. Seit Jahren tue die anhaltende Niedrigzinsphase dazu ihr Übriges. Pensionskassen seien besonders hart betroffen, da diese ausschließlich lebenslange Renten zahlten. Nicht von ungefähr würden derzeit rund 35 von ihnen seitens der BaFin besonders intensiv beaufsichtigt, da den Kunden hier mittel- und langfristig Leistungskürzungen drohten, sofern die Träger oder Aktionäre keine zusätzlichen Mittel beisteuerten. Als Versicherungsaufsicht habe man seit Ausbruch der Pandemie versucht, den Unternehmen soweit entgegenzukommen, wie es gesetzlich und aufsichtlich vertretbar sei, betonte Dr. Grund und nannte als Beispiel die zahlreichen Fristverlängerungen, welche den Unternehmen Luft verschafften, um sich auf die neuen Herausforderungen einzustellen.
Auch das Thema Digitalisierung wurde beim Round Table eifrig diskutiert. Die Bedrohungslage durch Cyber-Risiken würde zunehmen, von daher müsse auch die Frage geklärt werden, welche Art von Supervisory Technology anzuwenden sei. Hier könne u.a. der Einsatz von Text-Mining eine Rolle spielen. Erste Tests unterstrichen, dass dieses Tool narrative Berichte IT-gestützt vorauswerten könne. Das ermögliche dem Aufseher, sich viel zielgerichteter mit den Unterlagen auseinanderzusetzen. Am Beispiel der ORSA-Berichte unterziehe die Bafin gegenwärtig das Text-Mining zahlreicher Belastungstests auf deren Machbarkeit. Auch im Kerngeschäft, der Solvenzaufsicht, setze man - nach den Worten von Dr. Grund - zunehmen auf Suptech. Dennoch, so Dr. Grund, spiele der menschliche Faktor nach wie vor eine gewichtige Rolle.
"Big data ist nicht alles", unterstrich Dr. Grund und führte aus, dass die Prüfungsabläufe durch die Finanzaufsicht am Ende kein reines Rechenergebnis, sondern letztlich ein Subtech-gestütztes Prüfungsurteil von sich tief in den Einzelfall einarbeitenden Fachaufsehern seien.