Reinventing: Aus den Lebenswelten der Kundinnen und Kunden neue Mehrwerte schaffen

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Viele Unternehmen verlassen ihre Produktwelt, um sich jenseits des bisherigen Denkens und Handelns neue Sichtweisen und Prozesse zu erschließen. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Lebenswelt der jeweiligen Kundschaft. Die Roche Pharma AG hat ihr Geschäftsmodell danach ausgerichtet. Wie es dem Unternehmen gelungen ist, haben wir Sarah Kuld (rechts) und Susann Peters aus dem Bereich Patient Partnership gefragt.

Aber vorab ein Exkurs nach Dänemark: Vor etwa 20 Jahren fasste der Spielwarenhersteller Lego den Entschluss, seine Zielgruppe besser zu verstehen. Durch den Einsatz des Net Promoter Score (NPS) und Beobachtungsmethoden des Spielverhaltens von Kindern fand das Unternehmen zwei entscheidende Dinge heraus: Mädchen und Jungen haben im Vergleich zu früher weniger Zeit für freies Spielen. Und sie spielen lieber bekannte Situationen nach, als diese frei zu erfinden. 

Aus diesen Erkenntnissen leitete das Unternehmen eine neue Strategie ab: Statt den Legostein neu zu erfinden, übersetzte Lego bekannte Themen wie „Star Wars“ zum Nachspielen bekannter Szenen und veränderte das Sortiment hin zur Erfüllung von Spielmotiven. Heute begleitet Lego die kindliche Entwicklung im Erlernen von Social Skills, dem Verstehen von Hierarchien oder um eine Fertigkeit zu beherrschen. Und auch Erwachsene wurden als wichtige Zielgruppe identifiziert.

Die Moral der Geschichte: Hätte Lego im bestehenden Geschäftsmodell versucht, sich zu verändern, wäre es heute vielleicht nicht mehr am Markt. Eben darum geht es beim sogenannten Reinventing: Nicht in alten Mustern verharren, sondern in die Lebenswelt der Kundschaft eintauchen, um daraus Erkenntnisse und Lösungsansätze zu ziehen. Dieses Prinzip lässt sich auf viele andere Branchen übertragen, wie das Praxisbeispiel des Pharmakonzerns Roche zeigt.


„Doing now what patients need next“: Kundenbegeisterung in der Pharmaindustrie

Kaum ein Markt unterliegt so vielfältigen und zum Teil einschneidenden Regulierungen wie der Arzneimittelsektor. Das betrifft nicht nur den Zulassungsprozess, sondern auch die Vermarktung der Pharmazeutika selbst. Die Bewerbung von verschreibungspflichtigen Produkten gegenüber Laien ist in Deutschland durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) gänzlich untersagt. Lediglich gegenüber Ärztinnen und Ärzten, Apothekerinnen und Apothekern, pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten oder anderen Healthcare Professionals (HCPs) ist werbende Kommunikation erlaubt. Dies hatte in der Vergangenheit zur Folge, dass sich die Kommunikation der pharmazeutischen Hersteller mehrheitlich an die HCPs, insbesondere die verschreibende Kundengruppe, gerichtet hat.

In den letzten Jahren hat sich das Gesundheitsumfeld jedoch rapide verändert. Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen fordern immer aktiver ein, gemeinsam mit der behandelnden Person eine informierte Therapieentscheidung zu treffen („Shared Decision Making“). Pharmazeutische Hersteller bieten vermehrt sogenannte „beyond the pill“-Lösungen an, die Patientinnen und Patienten entlang der gesamten „Patient Journey“ unterstützen. Dadurch wird es auch im Pharmamarkt immer wichtiger, positive Kundenerfahrungen zu schaffen.

Roche Pharma verfolgt in der Zusammenarbeit mit Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen eine Mission: „Doing now what patients need next“. Die einzigartigen Erfahrungen und die Perspektiven der Betroffenen sowie das Fachwissen von Patientenorganisationen helfen dem Pharmakonzern dabei, Kundenbedürfnisse zu verstehen und innovative Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu entwickeln. Neben einer offensichtlich verbesserten Kundenerfahrung sprechen aber auch eindeutig ökonomische Aspekte für die Zusammenarbeit mit dem „Kunden“ Patientin bzw. Patient.

  • Arzneimittel, die in Kooperation mit Patientinnen und Patienten entwickelt wurden, haben eine um 20 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgreich den Markt zu erreichen.
  • Auch klinische Studien können schneller, erfolgreicher und bedürfnisorientierter umgesetzt werden.

 

Kontinuierlicher Dialog und Co-Creation als Schlüssel zum Erfolg

Damit die gemeinsame Entwicklung von kundenorientierten Lösungen gelingt, braucht es dedizierte Expertinnen und Experten, die sich mit der Zielgruppe Patient auskennen. Die Abteilung „Patient Partnership“ bei Roche Pharma hat die Aufgabe, die Perspektive der Patientinnen und Patienten kontinuierlich und nachhaltig in alle relevanten Bereiche des gesamten Produktlebenszyklus einzubringen. „Beyond the pill“-Lösungen für die betroffenen Personen helfen, eine Erkrankung besser zu verstehen und adäquater mit ihr umzugehen. Ein Beispiel ist die Roche-Informationskampage „Das K Wort – Diagnose Krebs | Sag Ja zum Leben!“.

Grundlage hierfür ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen, die von Vertrauen und Offenheit geprägt ist. Getreu dem Motto „power to the patients“ sind ein kontinuierlicher Dialog und Co-Creation die Schlüssel zum Erfolg. Die gewonnenen Erkenntnisse bieten Roche die Möglichkeit, genau da anzusetzen, wo tatsächlich Bedarf besteht: Die Gesundheit und das Leben von Menschen zu verbessern, eine positive „Customer Experience“ zu generieren und die Zielgruppe am Ende des Tages zu erreichen – auch über das Medikament hinaus.