Für Finanzinstitute wird ihre Schlüsselrolle bei der klimafreundlichen Transformation der Wirtschaft kein Zuckerschlecken. Nach Ansicht von Dr. Julia Metz, Lead, Industry Policy, bei der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende, steht die deutsche Industrie vor großen Herausforderungen aber auch Chancen: Seit den 1990er Jahren seien ihre Treibhausgasemissionen durchaus gesunken, zuletzt aber eher krisen- als strukturbedingt. 2017 war die deutsche Industrie noch für 22 Prozent der Gesamtemissionen der Bundesrepublik verantwortlich. Was fehlten, seien die erforderlichen politischen Rahmenbedingungen, um die Industrie bei der Transformation zu unterstützen und auf Kurs zur Klimaneutralität zu bringen.
Auch wenn das Ziel der Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 noch in weiter Ferne liege, so Metz, stünden viele Unternehmen aufgrund der langen Lebenszyklen vieler Industrieanlagen in absehbarer Zeit vor schwierigen grundlegenden Entscheidungen. Ein Stahlunternehmen, das 2025 einen neuen Hochofen in Betrieb nehme, werde die Anlage bis 2075 am Laufen halten wollen. Die heutige Investitionsentscheidung müsse daher auch die Marktbedingungen nach 2050 berücksichtigen. „Jede zukünftige Investition muss daher klimaneutral sein.“ Die gute Nachricht: Alle erforderlichen Technologien sind bekannt. Und damit jeder Großinvestition in eine klimaneutrale Technologie auch substanzielle Treibhausgasminderungen verbunden sind, kann der Industriesektor auch besonders schnell dekarbonisieren.
Auch weil in der EU bereits 2038 die letzten Zertifikate zum Ausstoß von CO2 vergeben werden, sollten sich Industrieunternehmen in den kommenden Jahren mit drei zentralen Klimastrategien vertraut machen und mit der Umsetzung beginnen:
- Elektrifizierung (auch durch die indirekte Nutzung von Strom in Form von grünem Wasserstoff),
- Kreislaufwirtschaft (inklusive mehr Energie- und Materialeffizienz) und
- Kohlenstoffkreislauf (von der stofflichen Nutzung von Biomasse bis hin zu Carbon Capture and Utilization).
Gerade für Industrieanlagen mit einer Prozesswärme bis 500 Grad werde die Elektrifizierung entscheidend sein, so Metz. Statt 24% des deutschen Erdgasverbrauchs für Prozesswärme aufzuwenden, könnten Großwärmepumpen effizient Temperaturen bis 200 Grad erzeugen – und Elektrodenkessel bis 500 Grad eingesetzt werden. Mit Blick in die Zukunft sei aber auch eine stärkere Vernetzung mit der Finanzwirtschaft erforderlich. Nur so könnten die Investitionen garantiert werden, die die Elektrifizierung endlich entscheidende Schritte voranbringen.