Viele Bankhäuser sind nicht selbstbewusst genug

Dass sich mit systematischen Preisoptimierungen (= Pricing) erhebliche Ertragszuwächse bei Banken erzielen lassen, erlebt zeb tagtäglich. Dr. Peter Klenk, Partner bei zeb in München und Herausgeber des Buchs „Ihr Weg zur Pricing Excellence“, kann die Ertragspotenziale durch besseres Pricing sogar ziemlich genau prognostizieren. 

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Herr Dr. Klenk, die Zinsen sind gestiegen. Ist damit das Thema Pricing Excellence bei den Banken wieder vom Tisch?
DR. PETER KLENK
: Ganz und gar nicht, für die Banken bedeuten höhere Zinsen natürlich wieder höhere Erträge, aber gerade nach der langen Niedrigzinsphase sollte allen klar sein, dass eine systematische Preisoptimierung immer Sinn ergibt – und zwar über alle Produktfelder hinweg, denn ich muss als Bank ja immer Geld verdienen. Und wenn eine Seite mal wegbricht – die Kreditnachfrage oder das Thema Verwahrentgelte –, dann gibt es an anderer Stelle wieder mehr zu tun. Es gehört also zu den Grundnotwendigkeiten, dass ich mich permanent umschaue, wo ich denn Preischancen als Bank oder Sparkasse nutzen kann. Nur die Schwerpunkte in den Produktfeldern ändern sich von Jahr zu Jahr. 
 

In dem Buch „Ihr Weg zur Pricing Excellence“ sehen Sie eine Schwierigkeit im mangelnden Selbstbewusstsein. Wie setzen Sie als Beratungshaus bei dem Thema an?
In vielen Projekten ist das Thema „Befähigung“ der Kundenbetreuenden extrem wichtig, das bieten wir auch aktiv an. Es geht darum, mehr über Leistung und den Mehrwert zu argumentieren als über den Preis. Im Kreditgeschäft haben viele Beraterinnen und Berater die Sonderkonditionsmöglichkeit immer gleich im Hinterkopf und denken, sie können das Geschäft abschließen, wenn sie 20 Basispunkte nachlassen. Dieses Mindset versuchen wir von vornherein positiv zu beeinflussen.

Was muss sich in den Köpfen der Beraterinnen und Berater ändern?
Sie müssen daran glauben, dass die eigene Marke grundsätzlich erstmal stark ist und dass die Kunden nicht zufällig bei ihnen in der Filiale oder am Telefon sind. Das müssen sie immer wieder trainieren, unabhängig davon, ob sich das Pricing selbst verändert. Hier geht es mehr um eine Haltung, die wir unterstützen. Bei zeb setzen wir dafür speziell geschulte Trainerinnen und Trainer ein, welche die Themen Verhaltenstraining, Gesprächsführungskompetenz sowie Preisdurchsetzungstipps und -tricks angehen. Am Ende des Tages geht es auch um Verhandlungsgeschick. 

Liegt das Selbstbewusstseinsproblem mehr bei der Geschäftsführung der Bank oder mehr beim einzelnen Berater/der einzelnen Beraterin?
Sowohl als auch – das teilweise fehlende Selbstbewusstsein bei den Beraterinnen und Beratern ist natürlich der Verhandlungssituation geschuldet, wobei Vorstände ab und zu auch mit großen Kunden verhandeln. Bei der Geschäftsführung ist es oft so, dass die Informationsbasis für Preisentscheidungen einfach sehr wackelig ist und solche Entscheidungen manches Mal aus dem Bauch heraus getroffen werden. Gerade bei heikleren Themen wie Girokonten- oder Kreditkartenpreisen schwingt die Angst vor schlechter Presse mit oder davor, durch eine Preiserhöhung Geschäft zu verlieren. Daran möchte keiner schuld sein. Deswegen ist hier schon ein allgemeines Zögern zu beobachten. Auch der Instrumentenkasten ist oft schlecht gefüllt, um Breitenentscheidungen systematisch zu treffen. Aus diesem Grund gibt es ja uns – um hier analytisch zu unterstützen. 

Was hören Sie von Banken in der Regel zum Thema Pricing?
Wenn Sie Kundenbetreuende zur eigenen preislichen Positionierung befragen, dann sagen 75 bis 80 Prozent immer: „Der Wettbewerb ist günstiger.“ Das passt aber irgendwie nicht zusammen. Irgendjemand muss ja den Mittelwert bilden. Viele haben also ein verzerrtes Bild vom Marktumfeld. Bei vielen Märkten und Kundentypen wiederum geht es gar nicht so sehr um den Preis. Es gibt natürlich den preissensiblen Kundentyp, es gibt aber auch Kunden, die entscheiden nach Preis-Leistungs-Verhältnis, und es gibt eine Kundengruppe, die entscheidet nur nach Leistung – der ist der Preis egal. Diese Kunden wollen einfach die „Porschelösung“, und die Preisfrage ist zweitrangig. 

Und dieser Faktoren sollten sich Banken besser bewusst werden, um weniger Angst vor Preiserhöhungen zu haben?
Genau, und dann gilt es herauszufinden, wie solche Preissensitivitäten im eigenen Kundenportfolio verteilt sind. Das ist natürlich auch eine Kunst und gehört dementsprechend nicht in allen Häusern zum Standardprogramm. Und genau deswegen schaffen es viele Institute nicht, sich preislich selbstbewusst zu positionieren. Wenn sie aber ihren Werkzeugkasten verbessern, etwa in Form von Analysetools, und mehr Transparenz gewinnen, werden sie automatisch auch die Barrieren beseitigen können – sowohl in den Köpfen der Beraterinnen und Berater als auch bei der Geschäftsführung –, um bessere Preise durchzusetzen. 

Wie hoch sind die Potenziale in der Regel, die Sie bei Banken durch Pricing-Excellence-Beratungsprojekte heben?
Das lässt sich ziemlich genau beziffern. Wir haben gewisse Erfahrungswerte, welche Potenziale für eine Bank realistisch sind. Mit der VR RheinAhrEifel, das ist eine Volksbank mit 4,4 Milliarden Euro Bilanzsumme, haben wir jüngst in einer Fachpublikation unser sehr breit gefasstes Pricing-Programm publiziert, in dem wir einige Themenfelder parallel bearbeiten. Da liegt das Potenzial schnell zwischen 1 bis 2 Promille der durchschnittlichen Bilanzsumme. Das heißt, bei 4 Milliarden Euro wären das mindestens 4 Millionen Euro Ertragspotenzial per annum.

Und wer das einmal durchlaufen hat, ist als Bank für alle Zeiten gerüstet?
Wenn eine Bank so ein Programm hinter sich hat, kann sie es durchaus nach einer gewissen Zeit noch mal wiederholen. Das Pricing lässt sich immer wieder optimieren. Da der Markt sich stetig weiterentwickelt, muss eine Bank ihre Preismodelle regelmäßig auf Marktkonformität testen. Pricing ist wie eine Unternehmensstrategie: Wenn Sie die zehn Jahre unverändert lassen, dann fahren Sie gegen die Wand.

Peter Klenk, zeb
„Die Erlöspotenziale, die wir für Banken heben, sind enorm.“