Bausparen heute

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Bausparen heute

Herausforderungen und Perspektiven

Das Geschäft der Bausparkassen hat sich verändert und dies sowohl hinsichtlich der bestehenden Verträge als auch des Neugeschäfts. Bei zuteilungsreifen alten Verträgen wird sehr viel seltener ein Bausparkredit abgerufen. Aus Kundensicht ist dies verständlich. Sie können alternativ einen billigeren Kredit zu Tageskonditionen erhalten und im Zweifel auch den besser verzinslichen Bausparvertrag weiter ansparen sowie als Sicherheit einbringen. Aus ökonomischer Sicht droht hier sogar eine adverse Selektion, da Kunden, die dennoch einen Bausparkredit abrufen, möglicherweise Schwierigkeiten haben, von anderer Seite einen Kredit zu erhalten.

Ihren Marktanteil in der Immobilienfinanzierung halten die Bausparkassen dagegen, in vielen Fällen durchaus erfolgreich, über eine unmittelbare Kreditvergabe ohne vorherige Ansparphase. Damit unterscheidet sich ihr Geschäft aber, unabhängig von der jeweiligen vertraglichen Verpackung, in seinem ökonomischen Gehalt nicht mehr von dem Geschäft anderer Immobilienfinanzierer. Inwieweit bei einem veränderten Zinsumfeld – d. h. bei höheren und im Zeitablauf deutlicher schwankenden Zinsen – die Bausparkassen und ihre Kunden zu ihrer alten Geschäftsbeziehung zurückkehren werden, ist nicht abzusehen. Vertreter des Bausparwesens halten dem entgegen, dass der Bausparvertrag im Vergleich zur klassischen Immobilienfinanzierung ähnliche Konditionen aufweist, aber wesentlich flexibler ist und der Mehrwert gerade darin besteht, dass sich auch Kunden mit unspezifischer Finanzierungsabsicht langfristig günstige Kreditkonditionen sichern können.

Auch wenn der Bausparvertrag in den frühen Jahren der Bundesrepublik Deutschland eine ganz besondere gesellschaftliche Rolle gespielt hat und auch das Finanzierungsverhalten der Menschen bestimmten Trends und Moden unterliegt: Finanzierungsverträge werden in erster Linie abgeschlossen, um bestimmte wirtschaftliche Zielsetzungen zu erreichen. Es stellt sich daher die Frage, ob das Bausparen und die das Bausparen betreibenden Kreditinstitute auch unter den heutigen Rahmenbedingungen den Menschen dabei helfen, ihre Ziele zu verwirklichen.

Es sind mehrere Ansätze vorstellbar, wie man zu einer Antwort auf diese Frage gelangen kann. Ein wissenschaftlicher Weg könnte darin bestehen, den Bausparvertrag in seiner Besonderheit modelltheoretisch zu beschreiben und zu ermitteln, ob es sich dabei um einen im ökonomischen Sinne effizienten Vertrag handeln kann. In einem zweiten Schritt ist dann nach empirischen Belegen für dieses Ergebnis zu suchen. Alternativ könnte man die Marktteilnehmer unmittelbar befragen, ob und wie ihnen das Bausparen nützt. Während der erste Ansatz eine erhebliche Abstraktion erforderlich macht, erscheint der zweite Ansatz allzu subjektiv. Im vorliegenden Band mit Beiträgen verschiedener Autoren wird daher ein mittlerer, stark deskriptiver Weg gewählt. Im ersten Abschnitt werden die Rahmenbedingungen der Wohnungsfinanzierung beschrieben, und das Bausparen wird in diesen Kontext eingebettet. Der zweite Abschnitt behandelt die Infragestellung des Konzepts des Bausparens durch die Niedrigzinsphase und ihre Auswirkungen auf den Bausparvertrag. Im dritten Abschnitt schließlich werden mögliche Veränderungen in der Bausparkasse diskutiert, die sich aus dem Wandel der rechtlichen, marktlichen und technologischen Rahmenbedingungen ergeben können.

Insgesamt ergibt sich so ein Bild mit Schatten, aber auch Licht und weitreichenden Perspektiven, wenn es den Bausparkassen gelingt, die vorübergehenden Auswirkungen der Niedrigzinsphase einigermaßen unbeschadet zu überstehen und den dauerhaften Anfechtungen aus der verstärkten Regulierung zu trotzen. Dazu müssen sich die Bausparkassen aber dynamisch den neuen Herausforderungen aus technologischem und gesellschaftlichem Wandel stellen. Doch mit dieser Problematik sind sie nicht allein: Welche Geschäftsmodelle die nächsten Jahre überstehen werden, ist in vielen Branchen kaum abzusehen. Der evidente ökonomische Gehalt des von Bausparkassen vertriebenen Bausparvertrags sollte es aber angezeigt sein lassen, den Bausparkassen eine faire Chance in diesem Wettbewerb der Gestaltungen von Finanzierungsbeziehungen zu geben.

Herausgegeben von Prof. Dr. Hans-Peter Burghof und Prof. Dr. Stefan Kirmße
2018. 160 Seiten, geb. EUR 48,–
ISBN 978-3-8314-0885-6

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