Das wurde allmählich auch Zeit: Die konkrete Gefahr, von den Google, Apple & Co. verdrängt zu werden, hat bei vielen Versicherern zu Überlegungen geführt, wie man im (digitalen) Alltag des Kunden ankommt und ihm so umfassende Lösungen zu bestimmten Lebenssituationen (Health, Wohnen, Mobilität etc.) bereitstellen kann. Nur so gelingt es, die Kundenschnittstelle für sich zu besetzen und weiterhin am Versicherungsmarkt erfolgreich zu sein – so denken viele Versicherer.
Im Kern des Ökosystem-Gedankens steht dabei eine konsequent kundenzentrierte Ausrichtung mit umfassenden Lösungen in den Themenfeldern Risikoprävention, Risikoabsicherung und Vorsorge. Zudem steigern solche Ökosystem-Plattformen die Kundenbindung etwa durch eine stärkere Alltagsrelevanz. Diese vermeintlich einfache und theoretische Logik steht aber in der Umsetzung einigen Herausforderungen gegenüber.
Wie gelingt es einem typisch mittelständischen Versicherer mit mehreren Vertriebswegen und Vollsortiment, ein solches Ökosystem aufzubauen? Unsere Einschätzung: Aus dem Stand gar nicht!
Denn die wenigsten Versicherer haben verstanden, dass die Grundlage für ein Ökosystem eine Fokussierung auf ganz bestimmte Produkt- oder Kundengruppen ist, in denen der Anbieter vom Markt als exzellent hinsichtlich Preis, Leistung oder Service wahrgenommen wird. Bis auf die absolut fokussierten Spezialisten und die großen marktführenden Versicherungsgruppen haben diese Voraussetzung die wenigsten Versicherer per se mit an Bord.
Unsere Kundenprojekte zeigen, dass sich Versicherungsunternehmen im ersten Schritt auf eine klare Kunden- und/oder Produktgruppe zentrieren und hierfür geeignete Produkte, Services und Konzepte bereithalten müssen. Erst auf dieser Basis lässt sich das eigene Angebot im Sinne eines Ökosystems umfassend erweitern, um dann als Betreiber einer derartigen Plattform wahrgenommen zu werden.
Für diese Kundenzentrierung ist es notwendig, die Versicherungsprodukte, den Vertrieb und die Prozesse konsequent auf die Bedarfe des Kunden auszurichten. Klingt relativ einfach, allerdings schaffen es viele Versicherer nicht, die dringend notwendigen Maßnahmen sicherzustellen.
Grundlegende Ansprüche des Kunden sind dabei bedarfs- und leistungsstarke Produkte, transparente Bedingungen sowie die Wahl des präferierten Kontaktkanals bei Abschluss und Verwaltung. Kunden erwarten darüber hinaus schnelle und transparente Services vom Angebots- bis zum Schaden-/Leistungsprozess, verständliche Kommunikation und hohe Convenience im Kundenservice (z.B. durch digitale Zugänge oder 24/7-Erreichbarkeit). Dies erfordert eine Organisation, die vom Kunden kommend denkt und handelt und nicht versucht, für ein Produkt den passenden Kunden zu finden und diesen dann stiefmütterlich zu betreuen.
Viele Versicherer setzen sich erfreulicherweise bereits mit innovativen Ansätzen, Kundenzentrierung und Ökosystemen auseinander. Der nächste Schritt ist nun, dies auch mit der notwendigen Konsequenz voranzutreiben – und nicht nur Laborprojekte und Inselumsetzungen in den Fokus zu stellen.