Die Profitabilität des Bankings wird sich global sehr differenziert entwickeln, prognostiziert Michael Bentlage. Er ist seit 2009 bei der Hauck & Aufhäuser AG tätig, seit 2017 als deren Vorsitzender des Vorstands. Er war zu Besuch bei der zeb Pop-up-Uni, wo alljährlich das rund 1.000-köpfige zeb-Team zusammenkommt, um über aktuelle Themen und Trends zu sprechen. Im Nachgang zur Diskussionsrunde mit Michael Bentlage haben wir ihm drei Fragen gestellt: zur Konjunktur und zur Zukunft des Bankings sowie zu Erfolgsfaktoren von Integrationsprozessen.
Wichtige Weltregionen kommen konjunkturell wieder in Schwung. Steht damit auch die Bankbranche vor einer Aufwärtsbewegung?
Zoomt man in die großen Regionen der Welt hinein, zeigt sich ein sehr differenziertes Bild für Banken. Dabei ragen zwei Regionen negativ heraus: Europa und developped Asia, deren Eigenkapitalrentabilität wohl auch im kommenden konjunkturellen Aufschwung unbefriedigend bleiben wird. Einer der Hauptgründe für die Stagnation liegt in höheren Kosten als Folge einer starken Regulatorik. Positiv wird sich hingegen der chinesische Markt für Banken entwickeln. Bis 2030 wird das der größte Asset-Management-Markt der Welt sein.
Es stellt sich zweitens die Frage nach der strategischen Ausrichtung. Das, was viele Experten seit Langem verlangen, ist eine stärkere Betonung des Provisionsgeschäftes. Diesen Weg haben wir beschritten – anfangs mit überschaubarem Erfolg und seit einigen Jahren steigern wir stetig das Provisionseinkommen.
Und ein wichtiger Treiber sind die Kosten bzw. deren Einsparung. Hier gilt: Size matters. Größe ermöglicht deutliche Skalierungseffekte. Nicht zuletzt durch die Transaktion mit dem Bankhaus Lampe werden wir hier weitere Potentiale heben. Grundkosten - wie beispielsweise jene für die Erfüllung von Regulierungsauflagen - fallen künftig nur noch einmal an.
Ein Trend mit zunehmender Dynamik ist der nach nachhaltigen Investments, also Produkte, die den ESG-Kriterien von Ökologie, Sozialem und guter Unternehmensführung entsprechen. Ist das auch ein Treiber für mehr Wachstum?
Alle Banken werden sich nach ESG-Kriterien ausrichten – manche früher und intensiver, andere später und nicht so umfassend. Insofern wird ESG im Wettbewerb eher ein Hygiene- denn ein Differenzierungsfaktor sein. Aber sicherlich ist das einer der Megatrends, auf den auch wir uns vorbereiten. Wir haben darüber hinaus für uns einige weitere identifiziert:
Wir denken, dass in zehn Jahren Banking ohne Künstliche Intelligenz nicht mehr wettbewerbsfähig sein wird. Auch die Distributed Ledger Technologie – bekannt unter dem Begriff Blockchain – wird das Banking stark beeinträchtigen. Die Prozesse werden sich ändern und auch Produkte – denken wir etwa an die Bereiche Krypto oder Token.
Wir werden zudem eine hochgradige Personalisierung und Individualisierung erleben – generell bei Kunden, aber eben auch im Banking. Ein wichtiges Segment und eines, das in den vergangenen Jahren „underserviced” war, ist die sogenannte She-Enonomy; hier liegt zumindest das Potential zu einem starken Wachstum. Last not least: Auch das, was man unter New Work zusammenfasst, ist einer der Megatrends, die wir im Blick behalten. Top-Mitarbeiter werden wir künftig nur interessieren und halten können, wenn wir ihnen entsprechende Arbeitsbedingungen sowie Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten anbieten.
Sie stehen – vorbehaltlich der aufsichtlichen Zustimmung – vor der Integration des Bankhauses Lampe. Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Herausfordernd ist vor allem der lange Genehmigungsprozess. Dieser zieht sich seit mittlerweile über einem Jahr hin. Daneben ist es eine große Aufgabe, die zwei Kulturen zu integrieren. Drittens gilt es, die IT-Systeme zusammenzuführen. Hierbei war die Expertise von zeb sehr hilfreich. Wir haben gemerkt, wie gut sie den deutschen Bankenmarkt und auch das private Banking verstehen.
Besonders wichtig in diesen Prozessen ist es, Sinn, Strategien und Ziele zu erarbeiten und zu vermitteln. Sie können bei uns in der Bank jeden nach unseren Zielen fragen und werden immer wieder die gleichen Formulierungen zur Antwort bekommen. Und das ist wichtig, dass man ein gemeinsames Verständnis der Ziele hat und nicht jeder seins.