zeb.Round Table mit Dr. Gerhard Schick in Berlin.
Anlässlich der sich zum 15. Mal jährenden Pleite der US-Bank Lehman Brothers, warnte Dr. Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, beim zeb.Finanzmarkt Round Table in Berlin, davor, dass das Banksystem derzeit ähnlich instabil sei wie zu Zeiten der Finanzkrise. Seitdem gäbe es immer wieder kleinere und größere Turbulenzen. Es bestehe zwar keine unmittelbare Gefahr für die einzelnen Bankkunden, ihr Geld zu verlieren, doch es bestehe das Risiko, dass es erneut kräftig wackele an den Finanzmärkten. Das bedeute zwar nicht, dass das Geld auf dem Konto weg sei, aber falls die Finanzkrise auf die Realwirtschaft umschlagen würde, könne schnell der Arbeitsplatz in Gefahr geraten. „Schließlich ging auch die letzte Finanzkrise mit massiven Konjunktureinbrüchen und Folgen für die Menschen einher. Und insofern ist es erschreckend, wie schnell die Erinnerung an die Finanzkrise 2007/2008 verblasst ist“, warnte Schick.
Angesichts des begonnenen Gerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Chef der Warburg Bank kritisierte der Finanzexperte die Nähe zwischen Politik und Banken in Hamburg. Man müsse sich fragen: "Ist da ein Filz, wo man aufräumen muss?" Er moniert: "Es gibt eine Schwäche bei der Kapitalertragssteuer", die es erlaube, sich etwas zu erschleichen, was einem nicht zustehe. Hier würden das Bundesfinanzministerium und die Steuerbehörden der Länder zu selten prüfen, ob die Gesetze richtig implementiert seien. Es habe jeweils "Whistleblower oder Journalisten benötigt, die diese Probleme aufgedeckt haben". Der frühere Finanzpolitiker der Grünen bezifferte den gesamten Schaden möglicherweise auf mehr als 30 Mrd. Euro. "Bei diesen Größenordnungen erwartet man als Bürger, dass der Staat Konsequenzen zieht", so Schick. Ein Verfahren dieser Größe habe eine deutsche Staatsanwaltschaft bislang noch nicht gekannt. "Wir reden über 1.700 Beschuldigte" – ein Mammutskandal, laut Schick
Auch das Beispiel der Rettung der Credit Suisse zeige, dass die Lehren aus der Finanzkrise wieder vergessen worden seien. „Damals wurde gewarnt, dass die Banken zu groß werden, dass sie too big too fail seien, zu groß für eine Pleite. Und jetzt wurde mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS eine Monsterbank geschaffen, die viel zu groß ist für die Schweiz“, so Schick. Es bestehe das Risiko, dass das ganze Land ins Schlingern gerate, falls diese Bank in Schieflage kommen sollte. Schick weiter: „Niemand kann wissen, woher die nächste Krise kommt und wie sie aussieht. Der jüngste Zinsanstieg war zum Beispiel schneller und höher als das entsprechende Stresstest-Szenario der Bundesbank.“ Entscheidend sei, die Banken seien weiterhin zu stark schuldenfinanziert. Das mache sie anfällig, so das Fazit von Gerhard Schick. Mit Blick auf die seit 2014 existierende europäische Bankenunion, gab sich der ehemalige Grünen-Finanzpolitiker versöhnlich: „Das ist eine der wenigen Sachen, die gut gelaufen sind. Die nationalen Behörden konnten von den global agierenden Banken locker ausgespielt werden. Insofern ist die gemeinsame europäische Aufsicht ein Fortschritt.“ Gleichzeitig sei es aber bislang noch nicht gelungen, Geldmarktfonds richtig zu regulieren. Diese dürften noch immer so tun, als ob sie so sicher seien wie eine Sparkasse, so Schick.