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Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Bankwesen

European Banking Study 2020: Das Klimakapitel

  • Ob durch einen disruptiven Übergangsprozess oder durch physische Auswirkungen, der Klimawandel wird einen großen Einfluss auf Banken haben

  • Die größte kurzfristige Herausforderung für Banken wird die Fähigkeit sein, klimabedingte Risiken zu messen, zu simulieren, zu bewerten und offenzulegen

  • Zusätzlich löst der Klimawandel einen erheblichen Finanzierungsbedarf aus, wodurch sich für Banken Geschäftsmöglichkeiten ergeben

Wie Banken im Kampf gegen den Klimawandel ihren Beitrag leisten und gleichzeitig Chancen wahren können

2019 gab es 848 klimabedingte Naturkatastrophen, 50 % mehr als noch vor zehn Jahren. Dies stellt eine gewaltige Herausforderung für Bürger und Regierungen, aber auch für Banken und andere Finanzinstitute dar.

Aufgrund extremer Wetterverhältnisse hat sich die Debatte über den Klimawandel verlagert: Anstatt theoretische Aspekte zu diskutieren, werden nun dringend praktische Lösungen gesucht. Auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) im Januar 2020 trafen sich einige der weltweit wichtigsten Entscheidungsträger. Dabei stuften sie extreme Wetterereignisse, das Versagen im Kampf gegen den Klimawandel, Naturkatastrophen, den Verlust der Biodiversität und vom Menschen ausgelöste Umweltkatastrophen als die fünf Risiken ein, mit denen sich Regierungen, Gesellschaft, Industrie – als auch die Finanzbranche – in absehbarer Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit auseinandersetzen müssen. Davos hat damit eine ernst zu nehmende Warnung an die Welt gerichtet und wir bei zeb haben mit unserer European Banking Study - das Klimakapitel bereits Anfang 2020 darauf reagiert.

Aufsichtsbehörden und politische Entscheidungsträger treiben das Thema voran

Die Notwendigkeit für Banken, ihr Geschäft anzupassen, ist umso dringlicher, als die Aufsichtsbehörden und politischen Entscheidungsträger die klimabedingten Auswirkungen auf die Branche immer genauer unter die Lupe nehmen. In den letzten Jahren haben Aufsichtsbehörden Pläne für neue Berichterstattungsregeln, Stresstests und gegebenenfalls zusätzliche Kapitalanforderungen angekündigt. Banken müssen die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken bewerten und in ihren Geschäfts- und Risikostrategien berücksichtigen.


Welche Risiken gibt es und wie können sie gesteuert werden?

Der Bankensektor wird mit physischen Risiken sowie mit Übergangsrisiken konfrontiert werden. Die Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Banken werden spürbar, sowohl direkt (z. B. Kreditausfälle) als auch indirekt (z. B. höhere Refinanzierungskosten für nicht nachhaltige Institute).

Aufgrund der komplexen Zusammenhänge ist es eine enorme Herausforderung, diese Risiken richtig zu bewerten und anzugehen. Klimabedingte Risiken lassen sich wie folgt beschreiben: weitreichend in Umfang und Stärke, nicht linear, korreliert und irreversibel. Standardrisikokennzahlen  sind hierfür ungeeignet, stattdessen sind neue simulationsbasierte Modelle gefragt. Die Anwendung der Erkenntnisse aus dem Aufbau komplexer Wettervorhersagemodelle (z. B. Tsunami-Frühwarnsysteme) auf den Bankenkontext zeigt erste vielversprechende Ergebnisse. Die Schaffung von Transparenz und die Ergreifung von Maßnahmen für das Risikopotenzial ist jedoch nur ein erster Schritt. Zur Bewältigung dieser „neuen“ Risiken müssen auch geeignete Governance-Rahmen und Steuerungsprozesse implementiert werden.

Risiko und Regulatorik sind zwei unmittelbare Handlungsfelder für Banken. Angesichts des Ausmaßes der globalen Probleme stellt sich nicht die Frage, ob, sondern wann Banken damit beginnen müssen, durch den Klimawandel bedingte Risiken und deren Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, Kreditportfolios und Leistungsindikatoren zu messen, zu simulieren und offenzulegen. Banken müssen diese Probleme umgehend angehen.

„Wir wissen noch nicht im Detail, wie sich der Klimawandel bekämpfen lässt. Aber wir wissen, wie wir den Banken helfen können, Risiken zu reduzieren, neue regulatorische Vorschriften einzuhalten und lohnende neue Geschäftsmöglichkeiten zu finden.

Dr. Dirk Holländer, Senior Partner

Die Mühe zahlt sich aus: wie aus Gefahren neue Chancen gemacht werden können

Chancen sind die Kehrseite von Risiken. Es wird immer offensichtlicher, dass der Klimawandel die Weltwirtschaft verändern wird, da sich die Bedürfnisse und Wünsche von Verbrauchern und Unternehmen ändern. Anders gesagt: Die Weltwirtschaft muss sich dramatisch verändern, um auf den Klimawandel reagieren zu können. Es müssen extrem hohe Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Dies wiederum schafft neue Geschäftsmöglichkeiten für Banken. Und diese Geschäftsmöglichkeiten sind durchaus beträchtlich. Sie reichen von einfachen Zusatzkrediten oder zusätzlichen Anleihen über die Finanzierung des wirtschaftlichen Wandels bis hin zu allen anderen Bereichen des Bankgeschäfts, d. h. Sparen, Vermögensverwaltung, Treasury, Kapitalmärkte und M&A. Um bis 2050 klimaneutral zu werden, benötigen die EU-Länder schätzungsweise 180 bis 260 Mrd. EUR an neuen Finanzmitteln – pro Jahr.

Lesen Sie mehr zu den Möglichkeiten, die sich Banken jetzt bieten, auch in unserem exklusiven Interview mit Prof. Bhattacharya, Inhaber des H.J.-Zoffer-Lehrstuhls für Nachhaltigkeit und Ethik an der Katz Graduate School of Business der Universität Pittsburgh: „Banken haben einen riesigen Spielraum für Dienstleistungen, bei Beratung genauso wie bei Finanzierungen.“

Gemeinsam mit unseren Kunden arbeiten wir derzeit an Lösungen für die drei zuvor genannten Dimensionen: "Regulation, Risk, Reward" und sind an einer Vielzahl von Projekten und Aktivitäten beteiligt, die von einfachen Informationsveranstaltungen bis hin zu umfangreichen Design-Thinking-Workshops über die Bedeutung und Auswirkungen des Klimawandels auf ein Institut reichen. Darüber hinaus entwickeln wir Methoden und Konzepte für die Messung, Berichterstattung und aufsichtsrechtliche Offenlegung der Risiken.

Und schließlich konzentrieren sich viele unserer Diskussionen auf Geschäftsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Klimawandel – ob nun investitionsbezogen oder getrieben durch Finanzierungs- und Refinanzierungsbedarf. Unsere Experten stehen für den Austausch von Ansichten und Erfahrungen zu diesem oder verwandten Themen gern zur Verfügung.

Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Banken werden auch das Hauptthema unserer kommenden Ausgabe der European Banking Study 2020 (EBS) sein. Unsere branchenführende Studie wird weitere Erkenntnisse, detaillierte Analysen und eindeutige Empfehlungen für Führungskräfte im Finanzsektor liefern.

Kurz zusammengefasst: Wir wissen noch nicht im Detail, wie sich der Klimawandel bekämpfen lässt. Aber wir wissen, wie wir den Banken helfen können, Risiken zu reduzieren, neue regulatorische Vorschriften einzuhalten und lohnende neue Geschäftsmöglichkeiten zu finden.