Beim Klimaschutz die Transformation der Wirtschaft mitdenken

Melanie Kehr, Mitglied des Vorstandes der KfW (verantwortlich für IT, Transaktionsmanagement und Zentrale Services), spricht im Interviewüber die Bedeutung von Sustainable Finance für den Klimaschutz.

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Frau Kehr, die KfW ist die größte Förderbank der Welt. Was kann das Institut zum Klimaschutz beitragen?
MELANIE KEHR
: In den letzten Jahren haben wir sehr intensiv an einem holistischen Sustainable-Finance-Ansatz gearbeitet. Klimaschutz spielt dabei eine herausragende Rolle. So gestalten wir unser Neugeschäft im Einklang mit den Pariser Klimazielen – ein sehr herausforderndes Vorhaben! Wir sehen uns darüber hinaus als Vorreiter für den Finanzsektor, der Standards setzt und den Wandel begleitet. Die KfW hat dafür die besten Voraussetzungen durch ihre Multiplikatorfunktion als nationale Förderbank mit signifikanten Kapitalmarktaktivitäten und internationalen Finanzierungen für Schwellen- und Entwicklungsländer sowie Export- und Projektfinanzierung.

Wie kann die Veränderung erreicht werden?
Für uns war das Commitment unseres Auftraggebers entscheidend. Ende  2020 hat die Bundesregierung der KfW grünes Licht gegeben, sich entsprechend dem Auftrag aus dem Klimaschutzprogramm 2030 zur transformativen Förderbank für eine nachhaltige und treibhausgasneutrale Zukunft weiterzuentwickeln. Das gibt uns den Rückenwind, die Bank umzugestalten und Nachhaltigkeit als hartes Steuerungselement in der Strategie zu verankern. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass die KfW nicht allein Klimaziele verfolgt, sondern dabei auch den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft begleitet. Im Jahr  2020 stand etwa die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen im Mittelpunkt. Werte wie Wohlstand und der Erhalt der Wirtschaft haben für uns ebenso Priorität wie der Klimaschutz.

Was tut die KfW ganz konkret?
Die Nachhaltigkeitsstrategie der KfW fußt auf drei Bausteinen: Zunächst sind die Sustainable Development Goals, also die 17  Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, für uns maßgebend. 2020 konnten wir für 100 % unserer Finanzierungen aufzeigen, auf welche SDG-Ziele sie einzahlen. Außerdem beschäftigen wir uns aktuell mit der konkreten Wirksamkeitsmessung und schaffen damit auch für unseren Eigentümer – das sind Bund und Länder – eine verlässliche Basis, um politische Entscheidungen treffen zu können. Weiterhin möchten wir Risikotransparenz schaffen, indem wir Einflüsse der Klimarisiken auf Ertrag, Vermögen und Liquidität sichtbar machen. Und zu guter Letzt legen wir Wert darauf, dass unsere Finanzierungszusagen mit den Pariser Zielen kompatibel sind. Das ist nicht immer einfach.

Warum nicht?
Wir befinden uns natürlich immer wieder im Zielkonflikt. Neben dem SDG-Ziel 13 – Handeln für den Klimaschutz – haben wir auch andere Ziele im Blick, wie z. B. SDG-Ziel 8 – menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum. Wir haben hier allerdings einen Vorteil gegenüber anderen Geschäftsbanken: Für die KfW geht es nicht maßgeblich um die eigene Gewinnmaximierung, solange wir die Kapitalanforderungen der Aufsicht erfüllen.

Könnten Sie uns ein Beispiel nennen?
Zur Erreichung der Paris-Kompatibilität haben wir Sektorleitlinien entwickelt, die Mindestanforderungen an die Klimaverträglichkeit KfW-finanzierter Technologien definieren, z. B. für die Stahlindustrie und die Schifffahrt. Sie zeigen konkret auf, mit welchem Mix aus Übergangs- und Zukunftstechnologien sich die Transformation in Richtung Treibhausgasneutralität erfolgreich gestalten lässt. Die KfW setzt dabei bewusst auf eine schrittweise Steigerung des Ambitionsniveaus und verschärft die Anforderungen nach und nach.

Es reicht also nicht, auf die Finanzierung fossiler Energien zu verzichten?
Definitiv nein. Sicher wäre es einfacher, keine Finanzierungen mehr an treibhausgas-intensive Industrien zu vergeben. Aber wir wollen die Wirtschaft mit attraktiven Finanzierungskonditionen dabei begleiten, die Transformation hin zu klimaneutralen Geschäftsmodellen zu schaffen. Die schöne Botschaft ist: Wir haben bereits jetzt Zukunftstechnologien, die dies ermöglichen können. Nun geht es darum, die Umsetzung anzugehen. Wir bei der KfW sind stark motiviert.

Sie blicken optimistisch in die Zukunft.
Wir haben jetzt viele Chancen – und ich bin überzeugt, dass auch eine neue Bundesregierung diese nutzen möchte. Auf jeden Fall ist es allerhöchste Zeit, die Veränderung zu treiben.